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Herbstakademie 2022: Die Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg in Osnabrück

„Diesen neuen Flüchtlingen eine Heimat zu bieten, wird eine selbstverständliche Pflicht des Westens sein, und dieser Pflicht wird sich auch Osnabrück nicht entziehen können, selbst wenn wir vorerst noch mehr zusammenrücken müssen.“ So heißt es im Redemanuskript von Oberbürgermeister Herlitzius (SPD) zum Handgiftentag 1948. Die Ausgangslage für die Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen in Osnabrück nach Kriegsende war besonders schwierig: Die kriegsbedingte Zerstörung von Wohnraum war erheblich, die Versorgung mit Nahrung wie auch Heizmitteln schlecht. Hinzu kam, dass bereits in großer Zahl für Evakuierte und Displaced Persons Unterkünfte gefunden werden mussten. Was Herlitzius untertreibend als „Zusammenrücken“ bezeichnet, war tatsächlich eine schwere und konfliktträchtige Aufgabe: Es ging in Stadt und Landkreis Osnabrück um die Versorgung von mehreren Zehntausend Flüchtlingen und Vertriebenen mit Wohnraum, (Aus-)Bildung und Arbeit in einer Zeit, die auch für die aufnehmende Bevölkerung durch extremen Mangel und völlige Neuorientierung gekennzeichnet war.

Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler des Kurses Geschichte sind im Rahmen der diesjährigen Herbstakademie dem Schicksal von Flüchtlingen und Vertriebenen im Kontext des Zweiten Weltkriegs nachgegangen, die in Osnabrück Aufnahme fanden. In der Gedenkstätte Augustaschacht konnten sie den Spuren der Nachkriegsnutzung des ehemaligen Arbeitserziehungslagers Ohrbeck der Gestapo Osnabrück als Notunterkunft für Flüchtlinge und Vertriebene nachgehen und einen Zeitzeugen interviewen, der als Flüchtlingskind zunächst eine winzige Wohnung im Dachstuhl mit neun weiteren Familienangehörigen teilte. Die Führung durch ebendiese Wohnräume, die Unmittelbarkeit des Erlebens der alten Umgebung war ein sehr emotionaler Moment für den Interviewten und die zuhörenden Schülerinnen und Schüler, die seine ihnen entgegengebrachte Offenheit schätzten und dankbar aufnahmen, was er ihnen berichtete.

Ein Besuch im Landesarchiv Abteilung Osnabrück ermöglichte einen Einblick in die Arbeit eines Archivs im Allgemeinen wie auch die Auseinandersetzung mit historischen Quellen zum Kursthema wie zum Beispiel den Protokollen von Wohlfahrts- und Flüchtlingsausschuss oder Archivalien, die Einblicke in die Biographien von Betroffenen eröffneten.

Die dreitägige Kernphase während der Herbstferien wird ergänzt durch einen Präsentationstag mit Vorstellung der Gruppenergebnisse vor großem Publikum, der in diesem Jahr am Dienstag, den 15.11.22 von 8.00 – 16.00 Uhr im Kreishaus stattfinden wird.